Sonntag, 29. Dezember 2013

Lehrersein bedeutet Emotionsarbeit leisten

Während dem Erstellen des Lernjobs zum Thema „Emotionen kennenlernen“ fiel mir erneut auf, wie wichtig Emotionen in unserem Alltag sind. Dies gilt vor allem auch für den schulischen Kontext. Wir lernen nämlich nur Dinge, die wir irgendwie emotional verknüpfen können. Alles andere beurteilt unser Gehirn als unnötig und speichert es daher nicht ab. Lehrer sein bedeutet also, dass man sehr viel Emotionsarbeit leisten muss. Bestenfalls können die SuS das neue Wissen mit Altbekanntem verknüpfen und mit positiven Emotionen unterlegen. So macht der Unterricht Spass und die SuS können sich die Inhalte behalten. Götz (2012) scheibt dazu in seinem Buch, dass Emotionen nicht nur irrelevante oder gar störende Begleitmusik des menschlichen Handelns und Denkens sind, sondern deren Triebkräfte. Daher ist der Beruf des Lehrers in hohem Masse durch Emotionsarbeit gekennzeichnet. Ebenso beschreibt er, dass Erklärungen von Lehrern verständlicher und vernetzter empfunden und Vertrauen aufgebaut werden, wenn während des Unterrichts mind. 1x laut gelacht wird (Götz 2012, S. 56).
In einem Buchbeitrag von Bernhard Sieland ist zu lesen: „Lehrer und Schulpsychologen sollen zielführend und nebenwirkungsbewusst, kurz „professionell“ mit eigenen und fremden Gefühlen umgehen. Sie dürfen weder ihre Gefühle laufend authentisch ausdrücken noch permanent verleugnen. Sonst besteht die Gefahr, dass sie ihre Anforderungen bzw. Ziele nicht erreichen, den Kontakt mit den Gesprächspartnern verlieren und ihre Gesundheit belasten. Diese emotionale Leistungsanforderung ist Lust und Last zugleich.“
Die von Lehrpersonen zu leistende Emotionsarbeit ist also nicht nur immer einfach und angenehm. Oftmals gestaltet sich das ganze sehr schwierig, da viele unterschiedliche Faktoren zu berücksichtigen sind. Lehrpersonen müssen ihre eigenen Gefühle regulieren und auch zur Regulation der Schüleremotionen beitragen. Eine Lehrperson soll also die Kompetenz der emotionalen Performanz besitzen, die sich nach Schmitz & Salisch (2002) (gefunden im Beitrag von Bernhard Sieland) aus folgenden Fähigkeiten zusammensetzt:
  • Die Person kann ihre eigenen Gefühlslagen (ob erwünscht, unerwünscht oder verboten) sowie mittelfristige Stimmungen differenziert verstehen und verwechselt z.B. nicht Ängste mit Ärger oder Stress mit Hunger.
  • Sie kann eigene belastende Emotionen erkennen, verstehen, erklären sowie nach Intensität, Ort, Zeit und Interaktionszweck flexibel handhaben. Sie wird nur selten von Gefühlen überwältigt.
  • Sie kann Emotionen bei anderen erkennen, verstehen und dosiert mitfühlen sowie diese von den eigenen simultan vorhandenen Gefühlen abgrenzen, ohne in der mitgefühlten Emotion aufzugehen. Sie kann sich kommunikativ mit den Gefühlen anderer respektvoll auseinander setzen.
  • Sie kann eigene und fremde Gefühle in Gesprächen thematisieren, deren Existenz respektieren und gleichzeitig Normen für den Umgang mit den Gefühlen problematisieren. Sie hat Erfahrungen darin, dass sie bestimmte Gefühle bei sich und anderen gut gestalten, andere Gefühle weniger gut gestalten kann, z.B. anlässlich von Erfolg und Niederlagen (realistische emotionale Selbstwirksamkeitseinschätzung).
  • Sie nutzt ihre Emotionen nicht nur als Informationsquelle über eigene Vorlieben und Ablehnungen sowie Wertvorstellungen, sondern kann Emotion auch zum gemeinsamen Nutzen bzw. zur Schadensminimierung in Handlungen umsetzen.
Betrachtet man dieses Anforderungsprofil wird einem ganz flau im Magen, wenn man sich gerade in der Lehrerausbildung befindet und eigentlich einmal eine gute Lehrperson werden möchte. Findet ihr nicht auch?
Ich persönlich lege viel Wert auf Emotionsarbeit und möchte mich daher unbedingt bemühen, in diesem Teil des Lehrerseins mein Bestes zu geben. Aber ich denke es wird auch immer wieder einmal Tage geben, an denen ich auch mit meiner eigenen Emotionsregulation Mühe haben werde und ich lieber ein Mäusebussard wäre und mir das ganze Geschehen im Unterricht aus weiter Ferne betrachten möchte…
 

Hier noch ein Verweis auf einen spannenden Blogeintrag von Max, der ein Video enthält, dass ich im Zusammenhang mit Emotionen und Beziehungen als Lehrperson sehr empfehlenswert finde:

2 Kommentare:

  1. Liebe Melina
    Beim Video habe ich wirklich schmunzeln müssen, danke fürs Teilen :-)!
    Du hast Recht, je länger ich an der PH bin und je mehr ich über die Anforderungen eines guten Lehrers erfahre, desto anspruchsvoller empfinde ich die Lehrtätigkeit. Dass Lehrpersonen Emotionsarbeit leisten, ist nur eine von vielen Anforderungen. Diese hat es jedoch in sich! Insbesondere das Dosieren und Kontrollieren der eigenen emotionalen Impulse. Hier die Balance zu finden, erscheint mir sehr schwierig und heikel. Welche "Feeling-Rules" gelten im Klassenzimmer? Was darf ich preisgeben, ohne die Schüler zu irritieren? Was muss ich preisgeben, um ehrlich und authentisch zu wirken? Und umgekehrt: Wie viel Ehrlichkeit und Emotionen erwarte ich von den Schülern und Schülerinnen? Auch diese Frage sollte man sich als angehender Lehrer / angehende Lehrerin überlegen.
    Kennst du auch die acht Dimensionen zur Emotionalität von Schmitz und Salisch? Im Folgenden habe ich sie dir rauskopiert. Zu jeder Dimension ist ein Beispiel aufgelistet.
    Die Beispiele eignen sich dafür, durch Selbsteinschätzung den Entwicklungsbedarf im Bereich emotionaler Kompetenz auszumachen und gezielt anzugehen.
    Bewusstheit: Ich bin mir sicher, dass ich mich mit meinen unangenehmen Gefühlen auseinander setzen kann, auch wenn mich das belastet.

    Dekodierung von Emotionen: Ich bin mir sicher, dass ich herausfinden kann, was andere Menschen fühlen, selbst wenn sie ihre Gefühle verbergen wollen.

    Ausdruckswörter/ Skripte: Ich weiß, dass es mir gelingt, andere mit meiner Freude anzustecken.

    Empathie: Ich bin mir sicher, dass ich mich auch bei ungewohnten Problemen in einen anderen Menschen einfühlen kann.

    Zustand/ Ausdruck: Ich bin mir sicher, dass ich meine Wut im Zaume halten kann, um ein Gespräch nicht entgleisen zu lassen.

    Emotionsbewältigung: Ich bin mir sicher, dass ich mich emotional aus Situationen lösen kann, in denen ich versagt habe.

    Beziehung: Ich bin überzeugt, dass ich in engen Beziehungen meine Gefühle ehrlich zeigen kann, auch wenn es mir schwer fällt.

    Fähigkeit zur emotionalen Selbstwirksamkeit: Ich bin mir sicher, ich kann auch bei einer extremen emotionalen Erfahrung handlungsfähig bleiben.

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  2. Hoi Melina

    Sieeeee.... - da gibt's für mich nur eine Antwort: Duuuuu....!! Dieser Slam ist wirklich super! Genau wie dein ganzer Eintrag! Als Lehrer leistet man wirklich Unmengen an Emotionsarbeit. Ich glaube je länger je mehr, Lehrer sein ist aber vor allem Kommunikationsarbeit. Das heisst nicht, dass Emotionsarbeit nicht darin vorkommt, viel eher deckt Kommunikationsarbeit den ganzen Bereich der Emotion ab, umfasst aber auch Bereiche wie Fragen zu Fragen (Fragenkonstruktion) und auch Bereiche wie gewaltfreie Kommunikation, wobei diese ja schon wieder sehr stark mit Emotionsarbeit verknüpft ist.

    Ob der Lehrer nun Emotions- oder Kommunikationsarbeiter genannt wird, so oder so wird auf die Goldwaage gelegt, was wir tun oder eben nicht tun. Es gibt so viele Fehlerquellen und wir kommen wohl nicht darum herum trotz aller Theorie, an jeder Quelle einen kleineren oder grösseren Schluck zu nehmen. Wenn man dann weiss, wie es schmeckt, wird man dann auch wissen, dass man davon nicht mehr kosten will.... Es geht wohl nur auf die harte Tour. Aber ich freue mich darauf! Und wehe da kommt eine andere Emotion hoch...!

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